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2014 |
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Verdienste und Anerkennung der alten Generation - durch jahrelanges Schaffen
angehäuft, sind nicht zu übersehen und von niemandem anzuzweifeln. Doch immer, und das ist unser Thema heute, entsteht auch Neues. Lücken
werden schnell wieder besetzt. Beziehungen ordnen sich neu. Alte Netzwerke
werden durch neue ersetzt. Mit dem Vorsprung von 30 – 40 – 50 Jahren oder mehr sehen wir eine Generation heranwachsen, die sich, wie alle Generationen vorher an den Alten messen will. Was diese jungen Leute in den Lehrbüchern und Bildbänden, Galerien und Museen, im Fernsehprogramm und auf Internetseiten vorfindet, ist der Boden, auf dem ihre Arbeiten wachsen. Und wer selbst in längst vergangenen Jahren die bildende Kunst als Ausdrucksmittel für sich entdeckt hat, wird sich wiedererkennen und sich an die ersten, noch fremdbestimmten Schritte erinnern . Wir erleben das Wechselspiel zwischen dem Streben, es den Vorbildern
gleich zu tun und dem Widerspruchsgeist, den jede Generation für
ihre Emanzipation so nötig braucht. Wohin diese Beschäftigung mit Themen und Ausdrucksmitteln führen wird, ist den jungen Urhebern selbst noch nicht bekannt. Es liegt noch keine Wegstrecke hinter ihnen, von der sie auf die nächsten Schritte schließen könnten. Alles ist offen, alles ist Vision. Möglichkeiten zur Entwicklung der eigenen Fähigkeiten zu schaffen, ist seit ihrer Gründung 1967 ein Hauptziel der Volkskunstschule. Anfangs hatten die Initiatoren das konkret formulierte Ziel, zeichnend und schnitzend Nachwuchs für das Klein Erzgebirge heranzubilden. Die älteste Miniaturschau Deutschlands war damals ganz besonders ein Ort an dem volkskünstlerische und handwerkliche Traditionen gepflegt werden. Es ging um nichts geringeres als die Neuerrichtung der Heimat, die kurz vorher auch moralisch und politisch zerstört wurde. Die Kunsthandwerker und bildenden Künstler, die sich dieser Aufgabe widmeten, eröffneten ein Feld von Möglichkeiten, dessen Wege bald wegführten vom Verein der erzgebirgischen Miniaturen. Lithografie, Siebdruck, Textilgestaltung, Fotografie, Malerei – all das fand bald Eingang in die Kurse, die man damals noch Klassen nannte. Die Vielfalt der Techniken und Ausdrucksmöglichkeiten ist auch heute noch ein Wesenszug der Volkskunstschule. Geändert hat sich inzwischen das Menschenbild, die Überzeugung davon, was für junge Menschen in ihrer Entwicklung wichtig ist. Der Kurs, den die 6 jungen Künstlerinnen besuchten, war ausgerichtet auf eine Vielfalt von Eindrücken und Einflüssen. Unterschiedlichste Techniken von der Zeichnung bis zum Architekturmodell, von Druckgraphik bis Animation lernten die Schülerinnen kennen. Das Angebot orientierte sich daran, was die Kreativwirtschaft heute bereithält. Und sie kamen in Kontakt mit ebenso vielen Künstlern, die ihre jeweilige Sicht der Dinge weitergaben: Günter Wittwer, Lichtblau, Volker Beyer, Volker Träger, Bianca Seidel, Michael Freudenberg, Karsten Mittag, Nadine Respondek-Tschersig sind nur einige der Dozenten dieses Kurses. Aus meiner Sicht entstand so ein Programm, das unterschiedlichste Positionen, Techniken, Charaktere, Arbeitsweisen vorstellte. Eine Möglichkeit, sich zu orientieren, eigene Interessen und Neigungen zu erkennen, Arbeitsweisen für sich zu entdecken und Vorbilder zu finden. Die jungen Frauen, die heute hier ihre Arbeiten zeigen, haben teils gemeinsam, teils unabhängig voneinander diesen Samstagskurs der Volkskunstschule besucht. Mit unterschiedlicher Intensität und mit unterschiedlicher Auswirkung auf ihr Schaffen. Was bedeutet es Kunst zu machen? Es ist Sinnstiftung und ein geeignetes Mittel, die Welt zu reflektieren, darüber nachzudenken was einem wichtig ist, auch innere, an sich unsichtbare Vorgänge, bildnerisch darzustellen. Alle 6 durchleben im Moment eine aufregende Zeit. Sie stehen vor ihrem
Schulabschluss oder haben ihn eben gerade hinter sich. Eignungstests,
Studienbewerbungen nicht nur für die künstlerischen Richtungen,
stehen auf der Tagesordnung. Also werfen wir einen Blick auf das was da kommt. Wir finden Momentaufnahmen
ganz unterschiedlicher Themen und Techniken. Selbstporträts, Zeichnungen,
Malereien, Fotografien, Motive aus dem privaten Umfeld wie auch die Beschäftigung
mit großen, wichtigen Themen. Die Auswahl der Arbeiten oblag den Künstlerinnen selbst. Wir lesen also darin das momentane Angebot, und können auf den Fundus schließen aus dem sie schöpfen. Wir erkennen die selbst gewählten Themen, die mit Akribie und nicht wenig Aufwand bearbeitet wurden und wir sehen auch noch die Hausaufgaben des schulischen Kunstunterrichts durchblicken. Die Gahlenzerin Lisa Mühl hat nach ihrer Schulzeit in Flöha schnell das elterliche Heim verlassen. Auf der Suche nach der geeigneten Ausbildung hat sie nichts unversucht gelassen und ist dafür schon mehrmals umgezogen. So bekam sie immer wieder Kontakt zu neuen Umgebungen und Menschen. Der erste und spontane Eindruck, den sie als Persönlichkeit jeweils hinterließ, interessierte sie – auch die Vorurteile und Klischees, die damit verbunden sind. Ihre Selbstporträtserie zeigt Phantasie, Konsequenz und vor allem Spaß bei der Umsetzung dieses Themas. Jasmin Bilz aus Burgstädt liebt das Experiment. Sie sucht das unbekannte
Terrain und erprobt in enormem Tempo unterschiedlichste Medien und Techniken:
Collage, Plastik, Malerei, Film. Immer vertritt sie den offenen Blick
des Künstlers, fordert Nachdenken und Engagement. In Ihr kann man
schon die Künstlerin erkennen. Sie selbst tritt davon einen Schritt
zurück und will sich nicht zu sehr auf ein Ziel fixieren. Alle Erfahrungen
sind für sie gleichermaßen wichtig wie es scheint. Dass die Ausstellung zeitlich noch vor der Kunstausstellung des Kulturraumes ebenfalls hier im Schloss Augustusburg stattfindet, passt haargenau. Die hier ihre Arbeiten einem Publikum präsentieren, werden noch etwas Zeit benötigen, in der sie sich und ihre Kunst weiterentwickeln können. Es wäre wünschenswert, wenn diese Zeitspanne kürzer wäre als gedacht, bis sie in den Ausstellungsprogrammen der Galerien und in einer der nächsten Kunstausstellungen des Kulturraumes auftauchen. Wir werden es sehen. Die Idee, den jungen Leuten, die sich über einen längeren Zeitraum mit den Formen der bildenden Kunst beschäftigen, die Möglichkeit einer Ausstellung zu geben, hat sehr großes Interesse gefunden. Deshalb habe ich diese Ausstellung auf der Einladung „Die nächste Generation Nr1“ genannt. Weitere werden folgen, denn es folgen von Jahr zu Jahr immer neue junge Leute, die bildnerisch etwas mitteilen wollen. Denen werden wir Brücken bauen und Wege ebnen. Ich wünsche den 6 jungen Künstlerinnen hier viele interessante Gespräche, Erkenntnisse und Kontakte durch diese Ausstellung. Danke an alle Dozenten, Mitarbeiter, Freunde, die mit an der Realisierung gearbeitet haben. Rolf Büttner |
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